Sep Ruf, 1950
Sep Ruf (1908–1982)
Sep Ruf zählt zu den bedeutendsten Architekten der Nachkriegszeit in Deutschland. Seine Architektur ist gekennzeichnet von einer transparenten und leichten Bauweise sowie der Auseinandersetzung mit Tradition und Geschichte. Diese Charakteristika bestimmen nicht nur seine öffentlichen Bauten, wie die Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg (1954), die Maxburg in München (1957), den Deutschen Pavillon auf der Weltausstellung in Brüssel (mit Egon Eiermann, 1958) oder den Kanzlerbungalow in Bonn (1964), sondern auch die zahlreichen privaten Wohnbauten. Ruf war Professor an den Akademien der Bildenden Künste in Nürnberg (1947–1953) und in München (1953–1972).
Irene Meissner: Ruf, Sep in: De Gruyter – Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 100: Rovere–Samonà, München/ Leipzig 2018
Tradition, Transparenz und Demokratie
Wilhelm Warning porträtiert Sep Ruf,
einen Meister der deutschen Nachkriegsarchitektur
BR 2, Bayerisches Feuilleton, 2009, Teil 1
BR 2, Bayerisches Feuilleton, 2009, Teil 2
BR 2, Bayerisches Feuilleton, 2009, Teil 3
Biografische Notizen
I |
II |
III |
IV |
V |
VI |
Die biografischen Notizen werden in unregelmäßiger Folge ergänzt.
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I | Familie Ruf
Sep Ruf gewann seine ersten architektonischen Eindrücke bei den
Winterausflug Familie Ruf, um 1942/43
V.l.n.r.: Sep Rufs Frau Aloisia, Sep Rufs Mutter, Sep Ruf.
Schlitten links: sitzend Ursula Ruf (Tochter von Sep Rufs Bruder Franz), im Schlitten Notburga Ruf (Tochter von Sep Ruf)
Schlitten rechts: Monica Ruf (Tochter von Franz Ruf)
Familie Sep Ruf (1908–1982)
Vater: Joseph (1883–1939), Rechnungsinspektor des Landesversicherungsanstalt Oberbayern, Sohn des Franz (1845–1939), Lebküchnermeister, Konditoreibesitzer und Spezereihändler in Dinkelsbühl, und der Theresia Sand, geb. Erhard (1846–1927), aus Neumühle bei Dinkelsbühl
Mutter: Wilhelmine (Mina) (1886–1962), Tochter des August Ludwig Friedrich Scharrer (*1866), Drahtzieher in Weißenburg (Mittelfranken), und der Eva Maria Veitengruber (*1866), aus Pleinfeld
Bruder:
Ehefrau: – ∞ 1938 Aloisia (Luise) (1910–1992), studierte an der Musikhochschule München Klavier, Privatschülerin bei Prof. August Schmid-Lindner, Tochter des Friedrich Mayer (1878–1914), aus Stadtamhof bei Regensburg, Fabrikant in München, Bes. d. Fa. Mayer und Seidl, und der Theresia Graf (1883–1951), aus Regensburg
Tochter: Notburga (*1940), Architektin, arbeitete in Rufs Architekturbüro mit; Enkelin und Adoptivtochter Elisabeth (*1964)
Sohn: Gregor (1942–2002), Architekt, – ∞ Lily Busch (*1960)
Weitere Familienmitglieder
Andrea Gebhard
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II | Jugendzeit
Luitpold-Kreis-Oberrealschule, München, Alexandrastraße, Postkarte
Von 1917 bis 1926 besuchte Sep Ruf die Luipold-Kreis-Oberrealschule an der Alexandrastraße. Das Schulhaus wurde im Zweiten Weltkrieg durch Brandbomben zerstört, seit 1958 ist der Schulbetrieb in einem Neubau an der Seeaustraße untergebracht.
Die Postkarte zeigt noch den freien Blick auf das an der Prinzregentenstraße gelegene Bayerische Nationalmuseum. Gegenüber des Museums errichtete German Bestelmeyer, Professor von Sep Ruf an der Technischen Hochschule München, für die Nationalsozialisten 1937/38 den monumentalen Neubau des „Luftgaukommandos VII“ (heute Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, (Landesentwicklung und Energie).
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III | Studienjahre an der Technischen Hochschule München, 1926–1931
Technische Hochschule München , Arcisstraße, 1931; Foto: Architekturmuseum der TUM
Sep Rufs Entwurfslehrer war der konservative Architekt German Bestelmeyer. Schon vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten diffamierte Bestelmeyer die moderne Architektur, trat 1930 in den nazistischen „Kampfbund für deutsche Kultur“ ein und erreichte 1934 die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand von Robert Vorhoelzer sowie die Entlassung des als entartet diffamierten Künstlers Karl Knappe an der TH München. (1)
Unterdessen lernte Ruf in seinem Umfeld mit der Architektur der Münchner „Postbauschule“ einen auf den menschlichen Maßstab bezogenen Städtebau kennen, der seinen Blick konsequent auf das Neue Bauen öffnete. (2)
Im Herbst 1930 beteiligte er sich erfolgreich an dem von der „Bauwelt“ ausgelobten Wettbewerb für
(1) Zu den Personen der Architektenabteilung der THM, siehe: Wolfgang A. Herrmann, Winfried Nerdinger (Hrsg.): Die Technische Hochschule München im Nationalsozialismus. TUM.University Press, München 2018 (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung, NS-Dokumentationszentrum, 18. Mai – 26. August 2018)
(2) Zur Münchner Postbauschule, siehe: Neue Postämter in München, in: Der Baumeister, 1930, H. 5
(3) „Das billige zeitgemäße Eigenhaus“, Wettbewerbsentwurf von Sep Ruf, in: Bauwelt, 1931, H. 9, S. 9
Diplomprüfungsurkunde von Joseph Ruf vom 1. August 1931; Foto: TUM.Archiv
Wolfgang A. Herrmann, Das Diplomnur für die Besten!, in: TUMcampus 2016, Nr. 3, S. 52
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IV | Sep Rufs Architekturbüros in München und Grünwald
Sep Ruf in seinem Atelier, Giselastraße 23 | Eintrag Telefonbuch München, 1933
Keferstraße 8c, 1931/32
Zusammen mit seinem Bruder Franz Ruf
Atelier Giselastraße 23, 1932–1944
Sein erstes eigenes Atelier bezog Sep Ruf im dritten Stock im Rückgebäude des Hauses
Bei den stetig wachsenden Aufträgen wurde Rufs Atelier rasch zu klein, sodass er weitere Räume in der Brienner Straße 8c und dann noch Räumlichkeiten in der Ottostraße 8 nutzte.
Atelier Giselastraße 21/23, 1946–1954
Nachdem Sep Rufs Atelier im Zweiten Weltkrieg ausgebombt worden war, leitete er den Wiederaufbau des Doppelhauses Giselastraße 21/23 und richtete dort abermals sein Architekturbüro ein. Siehe:
Audio über die Arbeitsweise von Sep Ruf | Wilhelm Warning porträtiert Sep Ruf, einen Meister der deutschen Nachkriegsarchitektur, BR 2, Bayerisches Feuilleton, 2009
Atelier Franz-Joseph-Straße 26, 1954–1968
Von 1954 bis 1968 befand sich das Atelier im obersten Geschoss des von Sep Ruf errichteten Wohnhauses am Habsburgerplatz in Schwabing.
Audio über das Architekturbüro Sep Ruf in der Franz-Joseph-Straße | Wilhelm Warning porträtiert Sep Ruf, einen Meister der deutschen Nachkriegsarchitektur, BR 2, Bayerisches Feuilleton, 2009
Atelier Hubertusstraße 32 (heute Nr. 66), Grünwald, 1968–1982
1968 zog das Architekturbüro erneut um. Das in Grünwald gelegene, von Sep Ruf errichtete Atelier ist zur Straße abgeschirmt. Die Arbeitsräume der Mitarbeiter entwickeln sich in die Tiefe des Grundstücks und werden über zwei Atrien belichtet. Rufs eigenes Atelier schließt sich im Winkel an und ist vom Mitarbeiterbereich durch eine Ziegelmauer abgetrennt und vollständig verglast.
70. Geburtstag von Sep Ruf im Atelier in Grünwald, 1978: Sep Ruf, Alfons Goppel, Joachim Fuchsberger
Foto: Ludwig Thomeier
Sep Ruf + Partner
1972 nahm Sep Ruf vier Partner ins Büro auf: Alfred Goller, Helmut Mayer, Hanns G. Oberberger, Ludwig Thomeier. 1978 verließ Hanns Oberberger die Partnerschaft wieder und machte sich selbstständig. Nach dem Tod von Sep Ruf, 1982, firmierte die Partnerschaft unter „Architektengemeinschaft Grünwald vormals Sep Ruf + Partner, Alfred Goller, Helmut Mayer, Ludwig Thomeier“ und bezog Räume in der Gabriel-von-Seidl-Straße 67, 8022 Grünwald.
Alfred Goller (1926–2023) war von 1972–1986 Partner im Atelier von Sep Ruf. Alfred Goller studierte von 1949–1953 zunächst an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg/Ellingen Innenarchitektur bei Wunibald Puchner, anschließend an der HfG in Ulm und schloss sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Sep Ruf ab (SoSe 1955–WS 1957/58). In der Partnerschaft zeichnete Alfred Goller unter anderem für das Verwaltungsgebäude (VTW 2) im Tucherpark verantwortlich.
Helmut Mayer (1938–2019) Helmut Mayer war Sep Ruf bereits in seiner Kindheit ein Begriff, da er Rufs Bruder Franz im Haus seiner Eltern kennengelernt hatte. Die Begegnungen bestärkten den Wunsch Architekt zu werden. Er studierte bei Sep Ruf an der Akademie der Bildenden Künste München (SoSe 1962 – WS 1965/66) und arbeitete schon als Student in dessen Atelier. Von 1969–1978 war er u.a. für die Bauten des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg tätig und realisierte 1986 nach dem Tod von Sep Ruf (1982) mit den Partnern den Umbau des BMW-Pavillons auf dem Gelände der Maxburg. Im Katalog zur Ausstellung „Sep Ruf 1908–1982, Moderne mit Tradition“ (Architekturmuseum der TUM, 2008) sind Helmut Mayers „Erinnerungen an einen Lehrer, Chef und Partner – an 20 Jahre Sep Ruf“ nachzulesen.
Hanns G. Oberberger (*1935) studierte an der Akademie der Bildenden Künste (WS 1958/59 – WS 1962/63) und Meisterschüler bei Sep Ruf, arbeitete bereits während des Studiums im Büro von Ruf und arbeitete für den Kanzlerbungalow in Bonn im „Kanzler-Teehaus“ im Park des Palais Schaumburg. Von 1972 – 1978 war Hanns Oberberger zusammen mit Alfred Goller, Helmut Mayer und Ludwig Thomeier Partner von Sep Ruf. Anschließend gründete er sein eigenes Architekturbüro
Ludwig Thomeier (1934–2006) studierte an der Akademie der Bildenden Künste München bei Sep Ruf (WS 1958/59 – WS 1963/64) und arbeitete bereits als Student in seinem Atelier. Später war er als Partner verantwortlich für das Hilton-Hotel im Tucherpark. Am Fuße der „Querce Sola“ in der Toskana errichtete Ludwig Thomeier sein eigenes Haus. Mit Ruf zusammen realisierte er Um- und Ausbauten in der unmittelbaren Nachbarschaft, wie die „Podere Gagliole“ für den Verleger Rolf Becker. Dank Ludwig Thomeier existieren einige Fotos von Reisen mit Sep Ruf und von Veranstaltungen.
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V | Wegbegleiter
Egon Eiermann (1904–1970)
Egon Eiermann und Sep Ruf wurden bereits 1931 als junge Architekten aufeinander aufmerksam, als sie unabhängig voneinander an einem von der „Bauwelt“ ausgelobten Wettbewerb für
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VI | Sommerhaus: Castellina in Chianti
Bei Sep Ruf in der Toskana
Sep Ruf hatte durch Vermittlung des Architekten Gollwitzer 1969 das Weingut „Querce Sola“ bei Castellina in Chianti gekauft. Es liegt mitten in den Weinbergen der Toscana. Von der Veranda aus kann man die Türme von San Gimignano sehen und im Schein der untergehenden Sonne die Silhouette von Siena.
In der Nähe hatte der Bildhauer Bernhard Heiliger ein Haus, Frau Mara Tusconi aus dem Tessin betrieb eine Pension, die Tenuta. Der Schauspieler Schröder hat sich in seinem Haus einen Bühnensaal einrichten lassen. Dort probte er für seine Auftritte in Berlin. Eines Abends – in den siebziger Jahren – saßen wir einem Glas Rotwein in der Kaminhalle. Die Freunde aus der Nachbarschaft waren gekommen. Unter ihnen Horst Antes, der damals noch unbekannt war. Mitten im frohen Zechen stand Horst Antes plötzlich auf, ging vor das Haus, nahm einen Ziegel vom Dach des Anbaus, brachte ihn zum Kamin und fing an, ihn zu bemalen. Als er fertig war, stellte er ihn an die Kaminwand. In wenigen Strichen hatte er auf den Ziegel eine Skizze gezeichnet, deren Motiv seine künstlerische Arbeit durchziehen sollte. Aloys Goergen
Alle Betten im Haus wurden von Antes’ Freund und Nachbar Sep Ruf entworfen.
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VII | Ausstellungen
1932 Münchener Kunstausstellung (1. Juni bis Anfang Oktober 1932)
Gleich drei Entwürfe von Sep Ruf – die Wohnhäuser Rosenbusch und Suwelack sowie ein Kirchenmodell (Studienarbeit THM) – waren 1932 auf der Münchener Kunstausstellung in der Abteilung Baukunst ausgestellt. Nachdem der Glaspalast im Alten Botanischen Garten 1931 einem Brand zum Opfer gefallen war, wurde die Ausstellung 1932 ersatzweise in dem von German Bestelmeyer errichteten und gerade erst eröffneten Bibliotheksbau des Deutschen Museums veranstaltet.
Mit 24 Jahren war Ruf nicht nur der jüngste Architekt, sondern auch einer der unbekannteren Vertreter des Fachs, dessen Arbeiten ausgestellt wurden. Ruf erhielt damit bereits zu Beginn seiner Berufslaufbahn die große Chance, in der Kunstszene Münchens auf sich aufmerksam zu machen und seine architektonischen Vorstellungen darzulegen.