6. März 2023
Prüfung der Denkmaleigenschaft: Erstes Wohnhaus von Sep Ruf in Gmund am Tegernsee, 1937/38; 1946
Für das erste Wohnhaus von Sep Ruf am Herzogweg in Gmund am Tegernsee wird die Denkmaleigenschaft geprüft. Das zweigeschossige Haus soll um drei Meter erhöht werden. Ein Aufzug ist geplant, um das Gebäude barrierefrei auszubauen, eine zusätzliche Wohnung soll entstehen.
Das Wohnhaus am Herzogweg dürfte der modernste Wohnbau sein, der in der NS-Zeit errichtet wurde. Es grenzt an ein Wunder, wie Sep Ruf inmitten heimattümelnder Blut-und Boden-Architektur es geschafft hat, diesen Bau zu realisieren. Damit würde nicht nur ein bedeutendes Frühwerk von Sep Ruf stark verändert werden, sondern auch ein einmaliges historisches Architekturdokument.
Sep Rufs erstes Wohnhaus am Tegernsee, 1937/38, Erweiterung 1946.
Münchner Merkur, Tegernseer Tal, 06.03.2023
Erstes Wohnhaus Sep Ruf, 1937/38, Erweiterung 1946
1937/38 baute Sep Ruf sein erstes eigenes Wohnhaus am Tegernsee. In der Verbindung von modernen und traditionellen, regionalen Formen entstand eine für ihn charakteristische, eigenständige Architektur: Das Haus, ein Mauerwerksbau mit Holzbalkendecken und flach geneigtem Satteldach, gliedert sich in zwei versetzt angeordnete, schlanke Baukörper. Es öffnet sich zweigeschossig mit einem der Fassade vorgelagerten, durchlaufenden Holzbalkon zum Garten. Raumhohe Fenster geben den Blick auf den See frei. Durch den räumlichen Versatz der Bauteile entstehen differenzierte Außenbereiche: Im Osten entlang der Straße liegt ein geschützter Eingangshof und im Westen zum Garten ein Sonnenhof. Um Platz für zwei Kinderzimmer zu erhalten, verlängerte Ruf das Haupthaus 1946 um 8,50 Meter. Das Nebenhaus erweiterte er um 3,50 Meter und richtete dort sein Atelier ein. In direkter Nachbarschaft Am Ackerberg schuf Ruf in den 1950er-Jahren mit den „Landhäusern am Tegernsee“ sein neues Domizil und auch das Wohnhaus für Ludwig Erhard.
Wohnhaus Sep Ruf am Tegernsee, 1937/38, Erweiterung, 1946, Erdgeschoss, Lageplan, Schnitte
Nachlass Familie Ruf, Gmund am Tegernsee/Castellina in Chianti
Mit der Verschränkung von Innen- und Außenraum ist das Wohnhaus am Herzogweg ein wichtiger Schritt in Sep Rufs Architektur für die in unmittelbarer Nachbarschaft am Ackerberg geplanten „Landhäuser am Tegernsee“ (Wohnhäuser Sep Ruf, Ludwig Erhard, Heinrich Merkel, 1951–1954)). Die modernen Flachdachbungalows mit ihrer leichten, lichten und offenen Architektur übten eine Vorbildfunktion für die architektonische Repräsentation der neuen demokratische Selbstverständnises der jungen deutschen Bundesrepublik aus. Zusammen mit dem Wohnhaus am Herzogweg sind die Gebäude wegweisend für eine identitätsstiftende und regional verankerte Baukultur.
Bewohnerinnen und Bewohner
Zunächst bezog Sep Ruf mit seiner Frau Aloisia das Wohnhaus am Herzogweg. Hier lernte Ruf über seinen Nachbarn, Willi Feldmann, den späteren Bundeskanzler Ludwig Erhard kennen. Nachdem Familie Ruf 1954 auf den Ackerberg gezogen war, lebte dort Ludwig Erhards Schwager, Wilhelm Kluth mit seiner Frau, Friedericke Lotter (Schwester von Luise Erhard). Während der Kanzlerschaft Ludwig Erhards wurde das Haus an die Bundesregierung vermietet. Anschließend wohnte
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© Beitragsfoto: Architekturmuseum der TUM
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