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Peter Lanz

Erinnerungen an Sep Ruf (11) – Peter Lanz (*1930)

Nach einer Maurerlehre in Berlin studierte Peter Lanz ab 1951 an der Staatsbauschule München Architektur. Eine 1952 im Haus der Kunst präsentierte Ausstellung über die Arbeiten von Frank Lloyd inspirierten ihn, sich mit modernem Bauen zu beschäftigen. Auf Vermittlung eines Studienfreundes konnte Lanz im Büro von Sep Ruf arbeiten, der ihm wie „ein bayerischer Frank Lloyd“ vorkam. 1954 schloss er sein Studium als Jahrgangsbester ab und wurde mit der goldenen Senator Borst-Ehrenplakette ausgezeichnet. Da Sep Ruf ihm riet, weiter zu studieren, ging er an die Technische Hochschule München und belegte vier Entwürfe bei dem Bauhäusler Gerhard Weber. 1958 erhielt Lanz sein Diplom und machte sich selbstständig. Mit Sep Ruf blieb er privat wie auch beruflich verbunden. Von 1970 bis 1973 waren beide Mitglieder der Münchner Stadtgestaltungskommission und später regte Lanz, als Landesvorsitzender des BDA Bayern, Sep Ruf an, sich für den Mies van der Rohe-Preis zu bewerben.

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Sep Ruf war mir als Student ein großes Vorbild. Schon während der ersten Semester meines Architekturstudiums in München hatte ich mir vorgenommen, in seinem Büro zu arbeiten. Das war nicht so einfach, doch ich hatte Glück. Durch die Vermittlung eines entfernt mit Sep Ruf verwandten Studienfreundes gelang es mir – ich war damals im dritten Semester und relativ unerfahren –, einen Vorstellungstermin beim großen Meister zu bekommen.
Sep Ruf galt damals neben Egon Eiermann als Erneuerer der internationalen Architektur. Die von ihm geplanten Gebäude hatten einen unverwechselbaren, großzügigen, konsequenten und weltoffenen Charakter. Gestalt und Konstruktion waren in Harmonie, ähnlich wie bei den Häusern Richard Neutras.

1953 betrat ich zum ersten Mal das Atelier von Sep Ruf in der Giselastraße mit der üblichen Zurückhaltung und Ehrfurcht eines um eine Anstellung bemühten Praktikanten. Nach Anmeldung bei seiner Sekretärin, die, wie mir später bewusst wurde, eine besonders wichtige Funktion in seinem Büro innehatte, empfing mich Sep Ruf väterlich, freundlich, begrüßte mich mit seiner tiefen, äußerst angenehmen Stimme mit süddeutschem Akzent und nahm mir umgehend meine Unsicherheit. Er musterte mich mit ausdrucksstarkem Blick und wirkte dabei wie ein bayerischer Frank Lloyd Wright, dessen Bauten zu diesem Zeitpunkt gerade im Haus der Kunst ausgestellt wurden. Er fragte mich aus nach allem Möglichen, was man einen jungen Architekturstudenten so fragt. Er war sichtlich erstaunt, als ich ihm erklärte, dass ich eigentlich Rechtsanwalt wie mein nicht aus dem Krieg heim gekehrter Vater hatte werden wollen, mich aber nach meinem Schulabschluss entschlossen hätte, Architektur zu studieren, da ja unendlich viel wiederaufgebaut werden müsse. Ein paar Zeichnungen und Handskizzen hatte ich dabei und ich erzählte stolz, dass ich im Zeichnen immer eine Eins hatte. Sep Ruf war erstaunt und amüsiert zu gleich, blätterte in meinen Unterlagen und sagte dann kurz und knapp, dass ich am nächsten Tag bei ihm anfangen könne.

Es gab in seinem Büro eine feste Arbeitszeit, bei der vorausgesetzt wurde, dass sie nach vorne und hinten überschritten wurde. Das Wort Urlaub war verpönt, der Chef unternahm nur hin und wieder eine Dienstreise. In seinem Atelier arbeiteten damals circa zehn bis zwölf Architekten. Franz Gärtner war der Kreativste, zuständig für die Bearbeitung von Wettbewerben.

Mein erster Arbeitsplatz war in der Giselastraße, dann ging es über das Eckhaus an der Franz-Joseph-Straße/Habsburgerplatz in die Akademie. Dort hatte Sep Ruf endlich seinen Lehrstuhl bekommen, den ihm seine Kollegen an der Technischen Universität stets verweigert hatten.
Ich durfte in dem Raum neben Franz Gärtner arbeiten. Ein erhebendes Gefühl. Ab und zu schaute mir Sep Ruf über die Schulter, korrigierte die Schwach stellen, die er auf Anhieb entdeckte und verbesserte. Er war ein etwas in sich gekehrter, doch dabei liebenswürdiger Chef und Mensch. Ich denke heute noch oft mit Dankbarkeit an die für mich und meine Ausbildung zum Architekten wichtige Zeit zurück. Unser letztes Treffen fand in seinem Haus in Grünwald statt. Als Landesvorsitzender des BDA versuchte ich ihn zu einer Bewerbung für den Mies van der Rohe-Preis zu gewinnen. Er musterte mich wie vor 30 Jahren bei meinem Vorstellungsgespräch und sagte: „Seit unserer letzten Begegnung haben Sie viel in München gebaut“. Ich erwiderte: „Hoffentlich auch in Ihrem Sinne“.

Sep Ruf wurde an ein und demselben Tag, wahrscheinlich aufgrund von Missverständnissen, gleichzeitig in Grünwald, wo er zuletzt gelebt hatte, und in Gmund, dem Wohnsitz seiner Familie, beerdigt. Ich hoffe, ich war am richtigen Ort.

Peter Lanz, Sep Ruf 100, in: Winfried Nerdingr, Sep Ruf. Moderne mit Tradition, München 2008, S. 197

Beitragsfoto: Aufbau der Ausstellung „Frank Lloyd Wright“, 1952, © Bayerische Staatsbibliothek München/Bildarchiv, siehe: https://hausderkunst.de/geschichte/chronik

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